HERZLICH WILLKOMMEN IN ST. JAKOB
 
 
DIE WERKTAGSSEITE

In der Passionszeit sind die Seitenflügel unseres Hochaltars geschlossen, so dass man die Rückseiten, die so genannte “Werktagsseite” bewundern kann (der Altar wurde früher nur Sonntags außerhalb der Passionszeit geöffnet).
Links auf der sog. Weihnachtsseite findet voll das Leben statt: Maria sitzt da mit dem Jesuskind umringt von Hirten, Engeln, Tieren, Königen…
Auf dem rechten Flügel, der Karfreitagsseite herrscht Stille – Totenstille.

Vor golden schimmerndem Hintergrund hängt Jesus sterbend mit gebrochenen Augen am Kreuz, ein ausgemergelter junger Mann mit verfilzten Haaren und verdrehten Füßen. Das Blut spritzt nur so aus allen Wunden und läuft hinunter ins Gras, nur der Lendenschurz bleibt unbefleckt.
Das Kreuz ist im rechten Drittel des Bildes plaziert, steht aber mittig zwischen den beiden Wimpergen (Altarspitzen) auf der sog. Schädelstätte Golgatha, die durch Knochen und einen Totenkopf symbolisiert wird. Das Kreuz reicht bis ins Ende des Bildrandes, nach mittelalterlich Vorstellung “von der Erde bis an die Enden des Himmels”
Am Stamm des Kreuzes knieen zu beiden Seiten – kleiner als die anderen Personen – zwei Deutschordensritter mit ihren weißen Mänteln. Sie halten Spruchbänder, aber ihre adeligen Wappen sind nicht erkennbar. Zweifellos handelt es sich um die Stifter des Altars, wie es damals auf vielen Gemälden üblich war.
Ungewöhnlich ist die Darstellung von zwei Aposteln auf einer Kreuzigungsszene, denn nach biblischem Bericht waren ja alle Jünger außer Johannes geflohen. Ganz links vom Kreuz steht hier aber mit gesenktem Kopf Jakobs maior, als Namenspatron der Kirche, unschwer am Wanderstab, den Muscheln an seinem Hut und dem eng geschlungenen Mantel zu erkennen. Neben ihm schmerzgebeugt mit einer trauernden Handbewegung sein Bruder – Johannes Evangelista mit dem Buch als Zeichen für sein Evangelium.
Unsagbarer Schmerz auch bei Maria. Von den drei anderen Marien – Maria Magdalena, Maria Kleophas und Maria Salome – tröstend umringt und gestützt, kauert sie rechts vom Kreuz, ein Schwert durchbohrt ihre Brust – gemäß der Weissagung des Simeon bei der Darstellung im Tempel: “Und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen, damit vieler Herzen Gedanken offenbar werden” (Lukas 2,35)
Die Idendität der drei Männer Im Hintergrund ist ungeklärt, der Rechte, der den Betrachter anblickt und auf den
Gekreuzigten hinweist, ist wohl der Hauptmann, der den berühmten, später zum Lehrsatz erhobenen Ausspruch, tut “Dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen”. In der Mitte der Mann mit der römischen Haartracht könnte Pontius Pilatus sein, manche halten ihn auch für Joseph von Arimathia sein, der Jesus sein eigenes Grab zur Verfügung stelle. Die gekrönte Gestalt neben ihm wird mal als König David, mal als König Herodes interpretiert. Die neueste Forschung behauptet, dass es sich um Kaiser Karl IV handelt. Der nach der Zerstörung des jüdischen Viertels aus Scham sein Gesicht hat heraus kratzen lassen.

In den beiden Wimpergen, den spitzen Ziergiebeln über der Szene, nahen zwei betende Engel mit Pfauenaugen auf den Flügeln im Anflug.
Bei diesem Tafelgemälde des unbekannten Meisters vom Hochaltars, der um 1370 in Nürnberg tätig war, zeichnet sich bereits der sog. “weiche Stil” mit ausdrucksvollem Gebärden und Linien, elegantem Farbenspiel und stoffreicher, weicher Faltengebung der Kleidung ab. So herrscht trotz der düsteren Stimmung leuchtendes Rot und frisches Grün bei Gewändern und Überwürfen vor.
Vielleicht auch eine Überleitung zu Ostern, denn wenn am Ostersonntag der Hochaltar seine Flügel wieder ausbreitet, kann man hier die Auferstehungsszene in vollem Glanz sehen.