Man findet ihn links unterhalb der Kanzel. Wir nennen ihn auch unseren “Damenaltar”, denn selten sind auf einem Altar aus dem 16. Jhd. so viele weiblich Heilige ohne männliche “Gegenstücke”zu sehen. Als flach reliefierte, farbig gefaßte Figuren vor einem punzierten (=ziselierten) Hintergrund sehen wir auf vier hohen rechteckigen Flügeln in schwesterlicher Eintracht nebeneinander:
ganz links Anna Selbdritt, die Mutter Marias, herber, ernster als bei der Veit Stoß-Gruppe über dem Altar. Sie trägt sie das Jesuskind auf dem Arm, die halbwüchsige Maria steht links von ihr und blickt zu beiden empor.
Daneben Margareta von Antiochien (in der Ostkirche Marina genannt) mit dem Drachen, den sie mit dem Kreuzzeichen zähmte und wie ein Hündchen durch die Stadt führte. Sie gehört zu den “virgines capitales”, den “wichtigsten Jungfrauen” und auch zu den “Stimmen”, die Jeanne d’Árc geführt haben.
Neben ihr eine besonders in Frankreich populäre Heilige – Genoveva mit dem Teufel (oder Dämon) zu ihren Füßen, die sich bereits als sieben- jähriges Kind dem Christentum zuwandte und schon in jungen Jahren unzählige Heilungen und Wundertaten vollbrachte. Im Jahr 451 soll sie die Stadt Paris vor den Hunnen gerettet haben. Ganz rechts schließlich Helena, die Mutter Kaiser Konstantin des Großen. Sie trägt ein Bruchstück des Heiligen Kreuzes, dessen Auffindung in Jerusalem man ihr zuschreibt. Ihr Sohn Konstantin ließ daraufhin dort u.a.die Grabeskirche bauen.
Nicht immer waren die Damen ein so geschlossenes Quartett, denn in der Mitte gab es einen Altarschrein, der nach 1829 verschwunden ist. Er enthielt zwei weitere weibliche Heilige: eine St.Martha und eine Unbekannte.
In der Predella, dem Unterbau des Flügelaltars, ist in einer sehr lebendigen Szene die Geburt Mariens dargestellt und zwar versetzt in eine großbürgerliche Wohnstube des 16. Jhd. Anna liegt recht entspannt im Kindsbett, die Hebamme mit Haube steht bei ihr, zwei Frauen versorgen das Neugeborene. Diese Szene und die Betonung der weiblichen Heiligen (auf der Rückseite des Altars ist noch das Schweißtuch der Veronika, von Engeln gehalten, abgebildet) läßt vermuten, dass der Altar schwangeren Frauen zur Anbetung gedient hat, Margareta z.B. ist ja eine Schutzpatronin der Gebärenden.
Um dem Werk doch noch einen kleinen männlichen Aspekt zu geben, hat der namentlich unbekannte Nürnberger Künstler, dem auch der Marthaaltar in der Lorenzkirche zugeschrieben wird, in der Predalla noch vier kleine gemalte Flügel mit Brustbildern der Apostel Simon, Judas Thaddäus, Petrus und Paulus links und rechts von der Geburtsszene eingefügt.
Auch die zwei gemalten Altarflügel an der Nordwand des Hochchors werden dem Hagelsheimer Altar zugeordnet, sie stellen Kaiser Karl den Großen und eine weitere Heilige – Katharina mit dem Schwert, das sie tötete – dar.
Eine Rekonstruktion des ursprünglichen Altars ist schwierig. Viele Reisen hat er hinter sich, wurde verschickt, zerlegt, übermalt.
1516 wurde er von den ehrbaren Nürnberger Bürgern Sigmund I und Leonhard II. Held, genannt Hagelsheimer, gestiftet. Sein erster Standort ist nicht bekannt. Die Stifter ließen ihn 1564 in die im 2. Markgrafenkrieg ausgebrannte St. Bartholomäuskirche in Wöhrd überführen, wo er bis 1829 registriert ist. Danach stand er vielleicht in der dortigen Friedhofskapelle. 1856 wurde er von der Kirchenstiftung St. Jakob erworben, in dieser Zeit ging wohl der Mittelschrein mit seinen Figuren verloren. 1935 wurden die erhaltenen Teile im German. Nationalmuseum gereinigt und von den störenden Übermalungen aus der Heideloff-Zeit befreit. Nach dem 2. Weltkrieg wurde er in St. Jobst in zwei Teilen dargestellt: die Predella unterhalb des Otmar-Altars (ebenfalls aus St. Jakob), die Flügel in großer Höhe an der Nordwand. 1963 kehrte das Altarwerk in die wieder aufgebaut Jakobskirche endlich zurück.